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Wir mussten ja jetzt zu den Banken!

31 Mär

Das Interview führten wir mit Manfred R., der ab 1985 die Verkaufsabteilung des VEB Bodenbearbeitungsgeräte Leipzig leitete.

„Als die Wende kam waren das ganz neue Bedingungen, mit Krediten und Zahlungszielen und dem ganzen finanziellen Drumherum. Das gab es vorher bei uns überhaupt nicht. Da gab es einen Maschinenbereitstellungsplan und da musste geliefert werden. Das war kein Verkauf in dem Sinne, das war ein Ausliefern. Im Ostexport hat man früher Listen mit den anderen kommunistischen Ländern ausgetauscht. Und wenn man auf der Liste stand, ging das Zeug dorthin und die lieferten dafür was anderes in die DDR. Wir wussten zwar gar nicht was, aber das ist egal. Wenn das drauf stand, ging das dorthin, da war das erledigt. Die Preise waren vorher ausgehandelt worden.“

Der Verkauf wurde vom Außenhandelsbereich in Berlin geregelt und bei der Wende waren die dann weg und wir standen alleine da – und mussten weiter verkaufen. Das war ein schweres Los. Ich habe gleich Verbindung aufgenommen mit einer westdeutschen Landwirtschaftsmaschinenfirma. Da bin ich einfach nach Westdeutschland gefahren mit dem Auto – ich wusste ja, wo die sind – bin rein und habe gesagt: ‚Na, können wir denn nicht zusammenarbeiten?‘ Und das hat sich dann entwickelt. Wir haben von denen Erzeugnisse übernommen, die wir dann produziert haben. Die haben auch gut dabei verdient, weil wir es sehr billig gemacht haben. Und wir hatten gleich Absatzgebiete dadurch. Der Partner, den ich dort hatte, der hat mich richtig väterlich behandelt.“

Wir mussten ja jetzt zu den Banken! – wir brauchten ja Geld. Wir haben bis 1993 noch viel exportiert in die ehemalige Sowjetunion. Das lief jetzt nicht mehr so wie früher, es war natürlich Schluss mit den Listen. Jetzt brauchten die Kredite von uns, sonst hätten die uns nichts mehr abgenommen. Bei der Bayrischen Vereinsbank, die gab es damals noch, hatten wir einen prima Kerl. Der hat gewusst, dass wir davon keine Ahnung haben. Woher sollten wir das auch wissen. Der hat uns dann erst einmal aufgeklärt, wie das läuft mit den Verträgen und den Krediten und mit den Banken. Da habe ich dann immer so dicke Vertragsunterlagen bekommen, die ich mir angucken musste. Ich musste dem glauben, was da drinsteht. Und dann habe ich für zehn Millionen solche Verträge unterschrieben… Aber ich wusste genau, das meiste verdienen die. Die haben bestimmt zehn Prozent von der Summe draufgeschlagen auf den Preis und haben das verdient. Für uns war es aber auch prima, dass wir unsere Maschinen weiter liefern konnten bis 1993.“

(ls)

Nicht nur am Frauentag stark

31 Mär

Manfred R. erinnert sich, dass die Frauen bei BBG nicht nur am Frauentag eine starke Position inne hatten. Die meisten waren in der Verwaltung eingesetzt, auch im Verkauf arbeiteten viele Frauen. Die Abteilung Versand wurde von einer Frau geleitet, laut Manfred R. „eine ganz ausgezeichnete Leiterin“. Obwohl es dort wohl sonst fast ausschließlich Männer gab und auch mal etwas derber zuging. Die Inventur hatte ebenfalls eine Frau an ihrer Spitze: „ganz hervorragend fachlich und vom Durchsetzungsvermögen“. Die Abteilung Forschung und Entwicklung hatte in der Planung eine „resolute“ Frau als Chefin. „Sie hat bestimmt, so ungefähr, wer welche Prämie kriegt.“

Manfred R. erzählt weiterhin: „Sie hatten ihre festen Positionen. Eine gewisse Distanz zu ihnen gab es schon. Manchmal musste man was sagen, wenn sie im Büro zu viel gekungelt haben.“

(ls)

Firmenporträt: VEB Pumpen- und Gebläsewerk Leipzig

30 Mär

1893 gründet C.H. Jaeger die Firma C.H. Jaeger & Co in Lindenau. Das erste technische Büro befindet sich in der Aurelienstraße. Die Firma entwickelt Industrie-Pumpen und -Gebläse und stellt sie ab 1898 im eigenen Werk in der Klingenstraße her. 1905 beschäftigt C.H. Jaeger & Co insgesamt 77 Beschäftigte.

1914 bis 1918 liefert die Firma u.a. Granaten und Ausrüstung für die Rüstungsindustrie und wächst auf 200 Beschäftigte an.

1919 finden erste Betriebsratswahlen statt und vom 15. bis 20.03.1920 beteiligt sich die Belegschaft geschlossen am Generalstreik gegen den Kapp-Putsch.

Ab 1926 beliefert C.H. Jaeger verstärkt das Ausland (u. a. USA, UdSSR) und erzielt hohe Exportgewinne.

1929 bis 1932 werden die Werkshallen modernisiert und erweitert. Neue Werkshallen werden errichtet und Warmluftheizungen in den Werkhallen installiert. Mit der Weltwirtschaftskrise kommt es, trotz anhaltender Gewinne, zu zahlreichen Entlassungen. Zwischen 1929 und 1932 wird über 160 Arbeitern gekündigt, so dass 1933 noch knapp 200 Mitarbeiter bei C.H. Jaeger beschäftigt sind.

Ab 1933 produziert die Firma wieder verstärkt für die heimische Rüstungsindustrie, während sich die Exporte ins Ausland verringern. Ab 1937 produziert sie u. a. Treib- und Brennstoffpumpen für V1- und V2-Raketen. Zu diesem Zeitpunkt ist die Zahl der Mitarbeiter wieder auf über 330 Beschäftigte angewachsen. Ab 1939 wird die Rüstungsproduktion gesteigert und u. a. Zwangsarbeiter aus Frankreich, Holland, Belgien, Polen und der UdSSR eingesetzt. Giftstoffpumpen von C.H. Jaeger & Co. werden u. a. in Konzentrationslagern eingesetzt. Bei der Reparatur einer solchen Punpe 1941 sterben 20 Beschäftigte und über 100 Arbeiter erleiden schwere Vergiftungen.

Bei einem Bombenangriff der Alliierten werden am 20. Februar 1944 weite Teile des Werks zerstört. Ab dem 17. April 1945 besetzt die US-Army das Betriebsgelände, lässt die Produktion aber am 2. Mai 1945 wieder aufnehmen. Ab 31. Oktober 1945 beginnt die Verstaatlichung des Betriebs. Die Firma wird seitdem treuhänderisch von der Sowjetischen Militäradministration verwaltet und ab dem 1. Juli 1946 ein Sowjetische Aktiongesellschaft-Betrieb. Bis 1953 werden die Kriegsschäden an den Werksgebäuden repariert und neue Produktionshallen und ein Verwaltungsgebäude gebaut. Die Zahl der Beschäftigten wächst auf knapp 700 Personen an.

Am 1. Mai 1952 wird die Sowjetische Aktionsgesellschaft in den VEB Pumpen- und Gebläsewerk Leipzig gewandelt. In den 1960er Jahren werden weitere Werkshallen in der Markranstädter Straße und Naumburger Straße an das Werk angegliedert. 1970 arbeiten über 820 Beschäftigte im Werksbereich Plagwitz.

1960, 1970 und 1978 erhält der VEB Pumpen- und Gebläsewerk Leipzig für seine innovativen Produkte diverse Auszeichnungen der Leipziger Messe. 1978 wird der VEB Entaschungsanlagen mit Betriebsteilen in der Endersstraße, Karl-Heine-Straße und Naumburger Straße angegliedert. 1979 wird das betriebliche Traditionskabinett in der Antonienstraße eröffnet. Knapp über die Hälfte der Exporte des VEB-Pumpen- und Gebläsewerk Leipzig werden 1980 ins Ausland exportiert. In den 1980er Jahren kommen weitere Betriebsgebäude in der Wachsmuthstraße und der Markranstädter Straße hinzu. Bis zum Ende der DDR arbeiten ca. 1.000 Beschäftigte im VEB Pumpen- und Gebläsewerk Leipzig.

1990 wird die Firma privatisiert und firmiert fortan als Pumpen- und Gebläsewerk GmbH. 1999 wird die Firma von der Kühnle, Kopp & Kausch AG übernommen. 2006 wird die AG von Siemens aufgekauft. Seitdem trägt die ehemalige Firma C.H. Jeager den Namen Siemens Turbomachinery Equipment GmbH.

(cs)

Nach und nach sind alle entlassen worden

30 Mär

Das Interview führten wir mit Bernd B., ehemaliger Mitarbeiter im VEB Polygraph.
Nach der Wende…
„Wir sind ja dann nach und nach alle entlassen worden und ich sah das dann auf mich zukommen. Nach der Wende hat der Herr W. die Arbeiterversorgung übernommen und er hatte mir angeboten, dort bei ihm Geschäftsführer zu werden. Da ich absah, dass mein Arbeitsplatz irgendwann liquidiert wird, hab ich mir gesagt, eh du hier lange rumsitzt, gehst du zu ihm. Dabei habe ich jedoch eine Abfindung eingebüßt, weil ich mir selber was gesucht hab. Alle andern haben eben abgewartet, was kommt – die sind entlassen worden und haben natürlich noch eine Abfindung bekommen. Jedoch sind die dann auch alle arbeitslos geblieben und ich war nicht einen Tag lang arbeitslos.“
„Da habe ich – glaube ich – richtig entschieden.“
(ma)

Verkauft wurde unter Brehmer, nicht unter Polygraph

30 Mär

Das Interview führten wir mit Bernd B., ehemaliger Mitarbeiter im VEB Polygraph.

 

In das Ausland wurde unter dem Namen Brehmer verkauft

 

85% der Produktion ins kapitalistische Ausland

 

(ma)

Man musste sehen, wie man mit dem Arsch an die Wand kam

30 Mär

Das Interview führten wir mit Bernd B., ehemaliger Mitarbeiter im VEB Polygraph.

mit Tricks arbeiten

(ma)

60 Mark All inclusive Urlaub

30 Mär

Das Interview führten wir mit Bernd B., ehemaliger Mitarbeiter im VEB Polygraph.

Bernd B. mit Familie im Hafen von Odessa, August 1989(c) Bernd B.

Bernd B. mit Familie im Hafen von Odessa, August 1989
(c) Bernd B.

(ma)

Der Arbeiter war König

30 Mär

Das Interview führten wir mit Bernd B., ehemaliger Mitarbeiter im VEB Polygraph.

„Das Verhältnis war kollegialer“

„Dies änderte sich dann schlagartig 88/89“

„Zusammenhalt durch Mangelgesellschaft“

„Wir wussten, dass gepfuscht wurde“

(ma)

Der Felsenkeller gehörte auch zu Polygraph

30 Mär

Das Interview führten wir mit Bernd B., ehemaliger Mitarbeiter im VEB Polygraph.

 

„Die Großbetriebe hatten alle ein Kulturhaus“

„Dann verfiel der Felsenkeller immer mehr. Es ging dann sogar soweit, dass er baupolizeilich gesperrt wurde. Nach der Wende gab es Interessenten aus Bayern, die wollten den Felsenkeller a la Hofbräuhaus aufmotzen. Aber das scheiterte dann an verschiedenen Faktoren, wie den Parkplätzen, welche dort fehlten und auch nicht zu schaffen waren, so dass der Investor schlussendlich absprang.“

„Und nun gammelt das Ding halt vor sich hin.“

 

(ma)

58 Jahre Arbeit

30 Mär

Das Interview führten wir mit Bernd B., ehemaliger Mitarbeiter im VEB Polygraph.

„Ich bin seit meiner Schulzeit ununterbrochen im Berufsleben. Ich bin aus der achten Klasse raus und hab dann mit 14 Jahren bis zum 72. Lebensjahr durchgearbeitet.“

Auszüge aus dem Arbeitsleben

Als Sachbearbeiter

„Den Sieger ermitteln“

Abteilung Sozialökonomie

 

Der Funktionsplan beschreibt auf mehreren Seiten die Aufgaben des Direktors für Sozialökonomie.

Der Funktionsplan beschreibt auf mehreren Seiten die Aufgaben des Direktors für Sozialökonomie.

 

(ma)