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Der Mittelpunkt des Lebens

25 Apr

Das Interview führten wir mit Manfred R., ehemaliger Mitarbeiter des VEB Bodenbearbeitungsgeräte „Karl Marx“.

Haben Sie sich mit dem BBG identifiziert?

Haben Sie noch mit ehemaligen Arbeitskollegen Kontakt?

Wie war das kollegiale Umfeld auf der Erprobungsstelle?

Es war also eher freundschaftlich?

Und wie war Ihr Verhältnis zu Ihrem Vorgesetzten, also dem ehemaligen Betriebsdirektor?

(ls)

Wir mussten ja jetzt zu den Banken!

31 Mär

Das Interview führten wir mit Manfred R., der ab 1985 die Verkaufsabteilung des VEB Bodenbearbeitungsgeräte Leipzig leitete.

„Als die Wende kam waren das ganz neue Bedingungen, mit Krediten und Zahlungszielen und dem ganzen finanziellen Drumherum. Das gab es vorher bei uns überhaupt nicht. Da gab es einen Maschinenbereitstellungsplan und da musste geliefert werden. Das war kein Verkauf in dem Sinne, das war ein Ausliefern. Im Ostexport hat man früher Listen mit den anderen kommunistischen Ländern ausgetauscht. Und wenn man auf der Liste stand, ging das Zeug dorthin und die lieferten dafür was anderes in die DDR. Wir wussten zwar gar nicht was, aber das ist egal. Wenn das drauf stand, ging das dorthin, da war das erledigt. Die Preise waren vorher ausgehandelt worden.“

Der Verkauf wurde vom Außenhandelsbereich in Berlin geregelt und bei der Wende waren die dann weg und wir standen alleine da – und mussten weiter verkaufen. Das war ein schweres Los. Ich habe gleich Verbindung aufgenommen mit einer westdeutschen Landwirtschaftsmaschinenfirma. Da bin ich einfach nach Westdeutschland gefahren mit dem Auto – ich wusste ja, wo die sind – bin rein und habe gesagt: ‚Na, können wir denn nicht zusammenarbeiten?‘ Und das hat sich dann entwickelt. Wir haben von denen Erzeugnisse übernommen, die wir dann produziert haben. Die haben auch gut dabei verdient, weil wir es sehr billig gemacht haben. Und wir hatten gleich Absatzgebiete dadurch. Der Partner, den ich dort hatte, der hat mich richtig väterlich behandelt.“

Wir mussten ja jetzt zu den Banken! – wir brauchten ja Geld. Wir haben bis 1993 noch viel exportiert in die ehemalige Sowjetunion. Das lief jetzt nicht mehr so wie früher, es war natürlich Schluss mit den Listen. Jetzt brauchten die Kredite von uns, sonst hätten die uns nichts mehr abgenommen. Bei der Bayrischen Vereinsbank, die gab es damals noch, hatten wir einen prima Kerl. Der hat gewusst, dass wir davon keine Ahnung haben. Woher sollten wir das auch wissen. Der hat uns dann erst einmal aufgeklärt, wie das läuft mit den Verträgen und den Krediten und mit den Banken. Da habe ich dann immer so dicke Vertragsunterlagen bekommen, die ich mir angucken musste. Ich musste dem glauben, was da drinsteht. Und dann habe ich für zehn Millionen solche Verträge unterschrieben… Aber ich wusste genau, das meiste verdienen die. Die haben bestimmt zehn Prozent von der Summe draufgeschlagen auf den Preis und haben das verdient. Für uns war es aber auch prima, dass wir unsere Maschinen weiter liefern konnten bis 1993.“

(ls)

Nicht nur am Frauentag stark

31 Mär

Manfred R. erinnert sich, dass die Frauen bei BBG nicht nur am Frauentag eine starke Position inne hatten. Die meisten waren in der Verwaltung eingesetzt, auch im Verkauf arbeiteten viele Frauen. Die Abteilung Versand wurde von einer Frau geleitet, laut Manfred R. „eine ganz ausgezeichnete Leiterin“. Obwohl es dort wohl sonst fast ausschließlich Männer gab und auch mal etwas derber zuging. Die Inventur hatte ebenfalls eine Frau an ihrer Spitze: „ganz hervorragend fachlich und vom Durchsetzungsvermögen“. Die Abteilung Forschung und Entwicklung hatte in der Planung eine „resolute“ Frau als Chefin. „Sie hat bestimmt, so ungefähr, wer welche Prämie kriegt.“

Manfred R. erzählt weiterhin: „Sie hatten ihre festen Positionen. Eine gewisse Distanz zu ihnen gab es schon. Manchmal musste man was sagen, wenn sie im Büro zu viel gekungelt haben.“

(ls)

Wer seine Verwandten nicht mehr kennt

30 Mär

Das Interview führten wir mit Birgit N. und Ingrid S., ehemalige Mitarbeiterinnen im VEB Plauener Spitze.

„Ich kann mich noch dran erinnern, meine Brigade hieß „13. August 1961“, nach dem Mauerbau. Das war ein Witz. Ich hab erst später mitgekriegt, wie makaber das war. Man ist ja reingeboren worden und fand das normal.“

„Unser Werk bekam den Karl-Marx-Orden der DDR verliehen. Aber mit uns Arbeitern wurde das nicht gefeiert. Das haben bloß die Obersten gefeiert. Bei der Verleihung der Auszeichnung „Beste Jugendbrigade“ gab es mal ne Zusammenkunft in der Kantine bei Kaffee und Kuchen und das war’s. Obwohl wir diejenigen waren, die in der Produktion letztendlich das geleistet haben, wofür es die Auszeichnung gab, wurden wir normalerweise nicht mit eingeladen.“

„Ich bin öfters herbeizitiert worden. Ich solle doch in die SED eintreten. Da ich noch ein Textilstudium machen wollte, hätte ich auch eintreten müssen. Ich hab’s aber aus dem Grund dann nicht gemacht, dass ich meine Westverwandtschaft verleugnen sollte. Ich sollte jeden Kontakt abbrechen. Das wollte ich nicht, also durfte ich auch nicht studieren.“

„Im Werk gab es einen Betriebsrat, aber da ist keiner hingegangen. Da wusste jeder, das wird uns negativ ausgelegt. Es wusste jeder, dass man unten durch war, wenn man als kleiner Arbeiter was wollte.“

„Über die Montagsdemos haben wir viel geredet. Es hat ganz schön gebrodelt. Am nächsten Tag auf Arbeit musste jeder erzählen, ob er dort war und was er erlebt hat. Es war eine schöne Zeit, weil etwas bewegt wurde.“

Ingrid S. über ihre erfolgreiche Eingabe an Erich Honecker:

Titelblatt der Urkunde “Sozialistischer Berufswettbewerb der Lehrlinge”

IS_Sozialistischer Berufswettbewerb der Lehrlinge_Urkunde_1_1980

Unerwartete Kriegsspiele

30 Mär

Das Interview führten wir mit Birgit N., ehemalige Mitarbeiterin im VEB Plauener Spitze.

Über einen unerwarteten Opfergang bei der Kampfgruppe:

Traumjob in der Textilbranche

30 Mär

Das Interview führten wir mit Birgit N. und Ingrid S., ehemalige Mitarbeiterinnen im VEB Plauener Spitze.

„Dieser Beruf war mein Leben. Eigentlich träume ich heute noch davon. Es hat Spaß gemacht, auf der Arbeit und auch durch die Freunde unter den Kollegen, die man heute noch kennt. Ich wollte gerne so etwas auch weiter machen.“

„Die Plauener Spitze hatte in Lychen bei Potsdam schöne Bungalows am See. Wir als Normalos haben die Seeplätze gar nicht gekriegt, die haben nur die höheren da oben gekriegt.“

Birgit N. über die Ausflüge beim Frauentag:

BN_FDGB-Ausweis7

Die Gewerkschaftsbeiträge richteten sich nach dem Gehalt. Für Sonder- und Solidaritätsmarken gab es im FDGB-Ausweis eine eigene Doppelseite.

Gardinen werden immer gebraucht

30 Mär

Das Interview führten wir mit Birgit N. und Ingrid S., ehemalige Mitarbeiterinnen im VEB Plauener Spitze.

„Ich hab gesagt, Gardinen werden immer gebraucht, in der Textilbranche wirst Du bestimmt nicht so schnell entlassen. Als die umliegenden Betriebe nach und nach zumachten, hatten wir aber doch Angst, dass alles den Bach runtergeht.“

„Die ersten Veränderungen waren, dass wir weniger Aufträge hatten. Wir haben schon in den Achtzigern für den westdeutschen Versandhandel produziert. Als wir D-Mark hatten, gab es die westlichen Auftraggeber nicht mehr, weil wir dadurch teurer wurden.“

„Die Entlassungen betrafen nicht alle. Facharbeiter, die im Betrieb Beziehungen hatten, die konnten bleiben. Dazu gehörten diejenigen, deren Mütter schon dort mitgearbeitet hatten. Die bekleideten bereits höhere Posten und setzten durch, dass ihre Kinder auf den verleibenden Stellen blieben.“

„Unsere Facharbeiter-Ausbildung wurde in der Bundesrepublik nicht anerkannt, weil sie damals regulär nur eineinhalb Jahre gedauert hatte. Ich wollte Frau Merkel schreiben, die müsste es eigentlich verstehen als ehemalige Ostdeutsche, aber ich hab’s dann nicht gemacht.“

(aw)

Däumchen drehen am laufenden Band

30 Mär

Das Interview führten wir mit Birgit N. und Ingrid S., ehemalige Mitarbeiterinnen im VEB Plauener Spitze.

„Als wir uns entscheiden mussten, welchen Beruf wir lernen, spielte eine Rolle, dass viele Verwandte schon bei der Plauener Spitze arbeiteten. Also hat man sich einfach auch darauf beworben. Das Werk war in der Naumburger Straße, wo jetzt Domäne drin ist. Wir haben dort die Ausbildung zum „Facharbeiter für Textiltechnik“ begonnen.“

Ingrid S. und Birgit N. über den Arbeitsablauf:

„Es gab drei Schichten in der Produktion und es gab eine Nacharbeit, die die hergestellte Spitze und Gardinen. Das war die Qualitätsendkontrolle. Als wir Kinder bekamen, sind wir aus der Produktion in die weniger anstrengende Nacharbeit versetzt worden. Dort die Spitzengardinen auf Fehler überprüft und haben fehlerhafte Abschnitte aus den Textilbahnen herausgeschnitten.“

„Manchmal fehlte das Material. Maschinen sind nicht gelaufen, weil Ersatzteile fehlten oder Garne fehlten. Wir saßen dann da und haben Däumchen gedreht oder gestrickt. Das Material fehlte. Es dauerte manchmal Tage bis die Produktion wieder anlief.“

(aw)

Ahnungslos auf der Messe der Meister von Morgen

30 Mär

Das Interview führten wir mit Birgit N., ehemalige Mitarbeiterin im VEB Plauener Spitze.

„Für die Messe der Meister von Morgen hat die Jugendbrigade bei der VEB Plauener Spitze etwas entwickelt. Ich hab da überhaupt nicht mitgemacht, sollte dann aber auf der Messe (MMM) darüber erzählen, wie ich das entwickelt habe. Ich konnte überhaupt nichts sagen. Wir mussten nur gute Miene machen. Zum Glück hat mich aber auch niemand gefragt.“

BN_Betriebszeitung Artikel MMM

Artikel in der Betriebszeitung „Spitze“, hrsg. von der Betriebsparteiorganisation der sozialistischen Einheitspartei Deutschland des VEB Plauener Spitze, 1978. Rechts im Bild: Birgit N.

(aw)

Firmenportrait: VEB Leipziger Trikotagen

30 Mär

1897 wird die Firma Leipziger Trikotagenfabrik AG gegründet. Der Firmensitz befindet sich in der Lützner Str. 102-104. 1953 wird das Unternehmen in die Leipziger Trikotagen Fabrik K. Obst KG umgewandelt. Der sich bis dahin in Besitz der Familie Obst befindliche Betrieb wird nun zum privaten Betrieb mit staatlicher Beteiligung fortgeführt. Die ehemaligen Vorstandsmitglieder werden Komplementäre der Firma. Bis in die 1970er/80er Jahre ist das Unternehmen in der Region Leipzig fast konkurrenzlos. Alle Stufen der Stoffherstellung bis zur Konfektionierung werden dort durchgeführt. Das Rohmaterial erhält die Firma u. a. von der Leipziger Baumwollspinnerei. Bis 1972 werden die Komplementäre unter dem Druck der SED dazu gedrängt, ihre Anteile freiwillig zu verkaufen. Das Unternehmen wird schließlich verstaatlicht und firmiert ab 1972 als VEB Leipziger Trikotagen. 1990 folgt die Umwandlung des Betriebs zur Leipziger Trikotagen GmbH, die schließlich im Auftrag der Treuhandanstalt liquidiert wird.

(cs)