Das Interview führten wir mit Günter L., ehemaliger Mitarbeiter im VEB Schwermaschinenbau S.M. Kirow.
„Ich bin von der ersten Demonstration auf dem Ring bis zur letzten mitgelaufen. Ich weiß noch, wie wir auf dem, damals noch Karl-Marx-Platz, gestanden haben. Da kam schon der Umzug vom Bahnhof hoch. Und die Rufe aus diesem Umzug, „Reiht euch ein! Reiht euch ein!“ Es war einerseits ein befreiendes Erlebnis, trotz der Gefahr durch die Kampfgruppen und die Polizei. Und andererseits, wusste man nicht, wie es dann weitergehen würde.“
„Ein ungewisses Gefühl war vorhanden, auch bei mir mit der Selbstständigkeit. Ich hatte einen guten Kundenzulauf, habe mir aber auch noch viele geholt, indem ich zu den Betrieben gefahren bin und denen gesagt habe, was ich vorhabe und machen will. Und das war für die manchmal auch befreiend, weil die wussten, „jetzt haben wir endlich eine Firma, wo man auch hingehen kann.“
„ Ich kann mich nicht direkt an etwas erinnern, was mir 1989/90 wirklich Angst gemacht hätte. Die größte Angst war, sich zu DDR-Zeiten selbstständig zu machen, denn sich in der DDR selbstständig zu machen, war immer schwierig. Und ich konnte das eigentlich auch nur machen, weil ich praktisch einen schon bestehenden Betrieb weitergeführt habe. Da sind sie besser dran gekommen, als wenn sie einen neuen Betrieb aufgemacht haben.“
„Auch die Währungsunion 1990 ging spurlos, ohne Probleme an uns vorbei. Nein, wir hatten da keine Probleme. Das lag aber auch daran, dass wir nicht die großen, ehemaligen VEBs beliefert haben, sondern die kleinen Kunden, die kleinen Privatschlossereien usw.“
„Man musste in dieser Zeit eben bereit sein, etwas neues zu lernen. Die 89er und 90er Zeit, da war das Lernen unbedingt nötig.“
(cs)
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