Das Interview führten wir mit Manfred R., der ab 1985 die Verkaufsabteilung des VEB Bodenbearbeitungsgeräte Leipzig leitete.
„Wir unterstanden dann nach der Wende der Treuhand und hatten einen Aufsichtsrat. Im Vorstand waren wir noch zu dritt: Der ehemalige Betriebsdirektor war der Chef im Vorstand, also der Sprecher. Ich war noch drin als Kaufmännischer. Und da waren wir ja vorher viel mehr im Direktorat waren, habe ich auch die ganze Technik, zwei Produktionsbereiche dazubekommen. Und dann gab es noch einen Dritten, der war fürs Controlling zuständig.“
„Aber ’93 war Schluss, dann kam die Privatisierung und da haben sie uns regelrecht rausgeschmissen. Das ging ruckzuck. Da hat der Aufsichtsrat abends getagt und danach haben sie uns hereinbestellt und haben gesagt: ‚So, Herr R., Sie wissen ja selbst, Ihr Absatz in Westdeutschland der läuft nicht richtig.‘ Der konnte ja gar nicht laufen, wie soll das denn gehen. Es gab feste Handelsstrukturen: Das waren vor allem Raiffeisengenossenschaften, BAIWA und auch private Händler. Die hatten ihre Firmen dort drüben und wenn wir dorthin kamen, dann haben sie gesagt: ‚Was wollen Sie hier? Wir haben Billigerzeugnisse, wir haben Premiumerzeugnisse, da passen Sie nicht mehr rein.‘ Und wie soll ich da ein Vetriebsnetz innerhalb von Monaten aufbauen. Der Absatz lief tatsächlich schlecht in Westdeutschland. Aber es war vorgeschoben um uns loszuwerden, weil die Privatisierung dann kam. Der neue Unternehmer wollte seine eigenen Leute mitbringen in die neue Firma. Und das hat er dann auch gemacht.“
„Aber ich kann nicht klagen. Wir waren eigentlich mit die ersten, die für Ostverhältnisse eine ordentliche Abfindung erhalten haben. Ich wurde nach Berlin bestellt, zur Treuhand, und da wurde mir ein dicker Vertrag vorgelegt. Aufhebungsvertrag nannte sich das, obwohl es ein Rausschmiss war. Und das sollte ich mir durchlesen. Ich konnte noch drei Monate leitender Angestellter bleiben, damit ich dann Arbeitslosengeld kriege – kann aber zu Hause bleiben. Und ich durfte das Auto noch ein paar Monate behalten. Ich habe gesagt: ‚Gut, okay, unterschreibe ich.‘ Für unsere Verhältnisse war es gut. Ein westdeutscher Manager würde sagen: ‚So ein Trinkgeld, da bleibt mal schön weg.'“
„Nach der Privatisierung ist BBG von hier in die Rippachtalstraße gezogen. Das fand kurz nach meiner Entlassung statt. Also hier in der Karl-Heine-Straße war das dann zu Ende. Ich habe immer schon meinem Betriebsdirektor bzw. dann dem Vorstandsvorsitzenden gesagt: ‚Wir müssen hier raus, der Betrieb ist zu groß für uns.‘ Wir waren ja mal ursprünglich 3000 Leute und sind dann runter auf 400/500, ich weiß nicht wie viele. Jeden Tag wurden es weniger. ‚Wir müssen hier raus, wir haben viel zu hohe Fixkosten.‘ Und da habe ich immer schon ein Auge Richtung Großzschocher geworfen und dort sind sie dann auch hingezogen.“
„Der Vorstandsvorsitzende durfte noch ein Jahr bleiben, aber nicht mehr im Vorstand, sondern als Berater für die neuen Leute.“
(ls)
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