Feierabend!

29 Mär

Das Interview führten wir mit Christian O., ehemaliger Betriebsdirektor des VEB Leipziger Trikotagen.

Die Zeit um 1989/90

„Das war eigentlich die schlimmste Zeit, die vorstellbar und denkbar war. Erst mal war alles total in Auflösung, sämtliche Strukturen waren weg. Es gab überall nur noch Hektik und Nervosität. Wenn man dann alles mit einer gewissen Nüchternheit betrachtete, war abzusehen, dass die ganze Branche schlagartig keine Zukunft mehr hatte. Ich habe damals über das Kombinat Kontakt mit der industriellen Handelskammer in Reutlingen aufgenommen. Von dort habe ich Leute direkt nach Leipzig bestellt und mit denen gesprochen und die haben ziemlich klar gesagt, dass sie noch die Musterentwicklung, Betriebssteuerung und Produktionskontrolle machen, aber ansonsten wird die Fertigung auf Griechenland und Portugal verschoben.

Feierabend!!!

Die Banken haben unisono gesagt, dass es keinen Textilindustriekredit gibt, da die Chancen gen Null gehen und der Textilindustrie würde kein Kredit gegeben werden. Maximal würde der Grundstückswert beliehen aber mehr nicht. Das war eigentlich der Rahmen, der absehbar war.  Es gab dann noch viele, die versucht haben, einen Partner im Westen zu finden und das ist fast ausnahmslos ohne Ergebnis verlaufen. Das einzige, was noch eine gewisse Zeit lief, war „Schiesser“, der drüben doch noch einen relativ großen Namen hatte. Der ist dann aber auch mal kurz Pleite gegangen. Der hatte dann schon zur DDR-Zeit Bestattungsproduktion durchgeführt. Dort wurden dann Produkte gefertigt, die zum Teil in den Westen verkauft wurden um die Lizenzgebühren zu bezahlen. Die praktisch eine komplette Fertigungslinie nach ihren Richtlinien. Der Betrieb, der das damals gemacht hatte, „Trikotex Wittgensdorf“ wurde übernommen. Genau drei Jahre ging der Vertrag mit der Treuhand und danach ging die Produktion nach Tschechien und der Betrieb dort wurde dicht gemacht. Der „Schiesser“-Betrieb in Wittgensdorf war das längste, was sich gehalten hat. Alles andere ist innerhalb der drei Jahre den Bach runter gegangen.“

Treuhand

(ma)

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